Das Pfingstochsenfest
Geschichten
Ein Pfingstochsenfest
Durch diese Vorkommnisse und den dauernd guten Absatz meldeten sich
immer neue Gewerke, so daß vier Abteilungen gebildet werden konnten, und
zwar zu Ferndorf, Buschhütten, Sezen und Klafeld-Geisweid mit Umgebung.
Jede Abteilung bekam eine Fahne und am zweiten Pfingsttage 1919 fand
gemeinsam das Fest der Fahnenweihen statt. Da die Buschhütter Abteilung
die älteste war und außerdem in L. Albert einen besonders tüchtigen
Fahnenträger besaß, fand dort das gemeinsame Antreten vor der Wirtschaft
Bottenberg statt. Einen stattlichen eindruck machte es, wenn die
einzelnen Abteilungen mit Musik, Fahne und Fahnenbegleitern aus den
verschiedenen Richtungen anmaschiert kamen. Um bei der starken
Beteiligung gute Ordnung zu halten zu können, wurden Ongel-Polizisten
ernannt. Als Zeichen ihrer Amtsgewalt trugen sie einen Strick um den
Leib und einen "Kartoffelpanzer" an der Seite. Dann setzte sich der Zug
mit dem Ongelmarsch "Hau - witti - wau" in Bewegung. Dieses Lied mit
seinen begeistenden und hinreißenden Melodie hat 45 Strophen, die
allerdings alle gleich lauten. Leider konnte die fünfte nicht gesungen
werden, da sie wegen starker Erkältung im Krankenhaus lag. Die Musik
bestand aus drei Dudelsäcken einer "dicken Zimm" und der Knüppelmusik
der Klafelder Spielvereinigung. Stolz trugen die Fahnenträger die aus
einem alten Bettuch bestehenden und mit dem Ongelwappen geschmückten
Fahnen. (Das Wappen stellt zwei Bergmannshämmer über einer frischmelten
Unke dar). Gravitätisch schritten die mit einem aufgerissenen Handtuch
als Schärpe geschmückten Begleiter nebenher. In Buchen hatte sich eine
ungefähr aus 3000 Personen bestehende Menge versammelt um dem festlichen
Akt beizuwohnen. Mit dem Gesang der 32. und 38. Strophe des Ongelliedes
wurde die Feier eröffnet. Ein Gewerke hielt nun die Festrede und führte
ungefähr folgendes aus: "Immer mannigfaltiger und kostbarer sind die in
unserer Grube gewonnenen Fette geworden, und recht interessant ist auch
ihre Entstehung. Die vorsintflutlichen Tiere, größer als das Siegener
Rathaus, flohen bei der sintflut auf den höchsten Punkt nach Buchen und
kamen dort stehend um. Dadurch entstand onneher Lechthörstesaft für
Hühneraugen, in der Mitte Polver for Wieweslü on oaweher Ongel." Aus dem
nun vorgelesenen Jahresbericht konnte sich jeder von den guten
Abschlüssen überzeugen. So hatte zum Beispiel der König von Siam 50.000
Tonnen Bremsschmiere bestellt. Diese hilft nicht nur bergauf schieben,
sondern auch berab bremsen, indem es im Lager steif wird, und wirkt so
bedeutend besser als eine Luftdruckbremse. Kesselstaiblot war mit Erfolg
gegen Gicht verschrieben worden, besonders von Dr. D. und Dr. F. Es ist
allerdings ein Radikalmittel. Entweder wird der Kranke gesund oder er
muß sterben. Große Beachtung bei den Landleuten fand das aus
Reinigungssalz, Zimt und Pfeffer zusammengesetzte Römschmeßpulver,
nachdem ein Bauer aus Brachhausen damit so gute Erfahrungen gemacht
hatte, daß ihm seine Dorfgenossen danach den Spitznamen Römschmeßpolver
beigelegt hatten. Ein alter Vorderlader wird damit geladen. Dann wird es
in der Mitte einer gemähten Wiese geschossen. Sofort fliegt das Heu von
selbst herum. Auch die Urjeldrobbe waren viel zum Schmieren der
Drehorgeln verwandt worden; denn sie erhielten dadurch einen
wunderschönen Ton. Zum Schluß sollen der Vollständigkeit halber noch
erwähnt werden: Zukolin, Stibolin, Wuscholin, Solberknochensamen,
Rieoassebettern und die sehr begehrte Gummiwurst.Der Redner schloß seinen Bericht mit einem "Glück auf im Ongel!" Der stellvertretende Leiter der Obersetzer Abteilung, Woll, weihte die Bundeszeichen, während die Gewerken unter Musikbegleitung die 7. und 21. Strophe ihrer Hymne sangen.