Die Tierzucht - Die Ongelsgrob ein Siegerländer Geniestreich

Die Ongelsgrob
Die Ongelsgrob
Direkt zum Seiteninhalt

Die Tierzucht

Geschichten
Tiere sehen dich an!
Im Anschluß an das glänzend verlaufene Pfingstochsenfest wurden so viele  Stammaktien der Ongel-Gewerkschaft verkauft, daß mit der Grube eine  Tierzucht verbunden werden konnte. Zu ihrem Verwalter wurde der Buchener  Ernst bestimmt. Besdondere Erwähnung verdienen der Sauhund das  Köttelpard und der Pötzpicker. Der Sauhund ist eine Neuzüchtung halb  Schäferhund halb Schwein. Er eignet sich gleichzeitig als Wachhund und  als Schlachtschwein, das im Herbst die Fleischhütte füllt. Außerdem  spart sein Besitzer sowohl die Hunde- als auch die Schlachtsteuer.  Allerdings sollte Hollekuse Willem dieserhalb wiederholt wegen  Steuerhinterziehung angezeigt werden. Da es aber bis jetzt noch bei  keiner Zählung gelungen ist, die Tiere auch nur annähernd festzustellen,  wurde das Verfahren immer wieder niedergeschlagen.
Das Köttelpard dient zur Entlastung der Düngemittelindustrie. Da es  bombensicher, fliegenfrei und seuchenfest ist, bestellte der Regus von  Abessinien 7000 Stück zu Kriegszwecken. Leider verstand er die  Behandlung der Tiere nicht. Er stellt sie verkehrt auf, mit dem  Hinterteil nach vorn, so daß sie der Heimat zuliefen. Die Italiener  fingen sie alle auf und konnten so natürlich einen gründlichen und  schnellen Sieg erringen. Außerdem hat der Regus die letzte Sendung noch  nicht bezahlt.
Der Pötzpicker ist besonders schwierig zu züchten und zu pflegen. Er  wird von der Verwaltung nach wasserarmen Gegenden ausgeliehen um dort  Pötze (Brunnen) zu graben. Näheres ergibt sich aus folgendem  Briefwechsel.

Den 36. Juni 1931. Gewerkschaft Ongelgrube Buchen Hauptgeschäftsstelle  Siegen Herrn Ernst S. Verwalter der Abt. Pötzpickerei und  Pöttelpardzucht Buchen - Europa
Wir setzen Sie hierdurch in Kenntnis, daß der neue Riesenpötzpicker von  der Firma K. Hagenbeck, Hamburg, auf unsere Kosten an Sie unterwegs und  wünschen lebende Ankunft. Nachstehend geben wir Ihnen noch einige  Behandlungsvorschriften zur unbedingten Beachtung. Dieselben sind streng  einzuhalten, weil es sich um ein ganz seltenes für uns mit großen  finanziellen Opfern verbundenes Prachtexemplar handelt, dessen evtl.  Verlust die Ausschüttung jeglicher Dividende für dieses Jahr unmöglich  machen würde. 1. Das Tier darf pro Tag höchstens 1 Meter Pötz picken bei  8stündiger Arbeitszeit. Überstunden weren strengstens bestraft. 2. Die  Fütterung muß vorwiegend aus alten Regenschirmen bestehen, welche stets  vorher mindestens 14 Tage in Essig gelegen haben müssen, was zum aufbau  des Knochengerüstes erforderlich ist. 3. Die Füße sind täglich dreimal  mit Lechtörensaft und der Oberkörper mit M.-Pulver einzureiben. Alles  vor Gebrauch zu schütteln. Wir wollen nicht verfehlen, Ihnen zu  verraten, daß unser Vorstand und Aufsichtsrat nach langer Beratung  gerade Sie als gewissenhaften Verwalter zur Betreuung dieses  Sondertieres ausersehen hat. Als Futtermeister der Abteilung  Pötzpickerei wird Sie Ernst aus Fällekuse in Ihrem verantwortungsvollen  Amt unterstützen. Mit herzlichem "Glück auf!"
Die Direktion der  Ongelgrube Buchen - Europa.

Darauf erfolgte folgendes Antwortschreiben
Verwalter der Abtlg. Pötzpickerei und Köttelpardzucht Buchen - Europa
Buchen, den 46.8.31
An die Direktion der Ongelgrube Buchen Hauptgeschäftsstelle Siegen.
Mit größter Freude kann ich Ihnen mitteilen, daß der angekündigte  Riesenpötzpicker an mich in Kreuztal eingelaufen ist. Da das Ausladen  des Tieres mit Schwierigkeiten verbunden war und die Regenschirme zur  Fütterung des Prachtexemplares nicht ausreichten, war das Dach des  Waggons von dem Pötzpicker schon halb verpickt. Das Rangieren erforderte  größte Vorsicht, da der Schnabel des Riesenpickers herüber reichte bis  zum Bahnhofsgebäude. Nun wurde das Tier mit 4 Doppelhöppern nach Buchen  gehöppt, wozu die Tanks der Doppelhöpper mit Dickmilch gefüllt werden  mußten, da ein anderer Brennstoff für den Inhalt der Motore nicht  ausreichte. In 5 Minuten waren wir nach Buchen Hauptbahnhof Ongelgrube  gehöppt, wo schon stundenlang die alte Unke mit sieben jungen Oenkelchen  in Paradeaufstellung die Landung des Pötzpickers erwarteten, und  während derselben feierlich der Ongelmarsch "Hau-witti-wau" ertönte.  Obwohl ich in diesem Fach ziemlich vertraut bin, holte ich  vorsichtshalber doch meinen Gehilfen Franz, den Verwalter der  Unken-Molkerei, welcher das Eingeweide vom Stallbesen bei sich führte,  herbei. Er sprang mir bei, gleich St.-Frieda mit Lunge und Leber von  einer Hindertür, auch Kl. Jettchen erschien mit eingemachter  Kellertreppe und verabreichte dem Tier die erste Fütterung.
Beanstandungen währen keine anzuführen, nur die Eierlegerei sowie die  Schnabellänge! Letztere ist einen Millimeter zu kurz und die angegebene  Eierzahl ist noch nicht erreicht. Der Picker hat bis jetzt nur 9 Eier  täglich zur Ansicht befördert und hat dadurch die Fütterung von 4 auf 6  Regenschirme erhöht, sowie tägleich eine Rolle Stacheldraht zugegeben,  was das Eierlegen auf 25 Stück heraufarbeitete. Auch das Gewicht der  Eier hat bis zu 15 Kgilo zugenommen. So genügt ein ei für eine große  Familie einen Monat und wird dasselbe auf einer Kreissäge in Scheiben  zerschnitten. Um Bergleute zu sparen muß der Pötzpicker für sämtliche  Arbeiten unter Tage verwandt werden, wodurch sich die Förderung  sämtlicher Gänge wesentlich erhöht hat. Die Förderung der Gummiwurst, 1  cbm für ein Jahr zum Langziehen, strengt das Tier außerordentlich an, so  daß es sich beim letzten Pick und Zug ein Stück Schnabel abgebrochen  hat und dieser elektrisch angeschweißt werden mußte.
Die mir zugesandten Grubenvoschriften halte ich streng ein und lasse den  Riesenpicker jeden Samstag nachmittag einen Rundflug über dem  Grubengelände unternehmen. Beim letzten Flug prallte der Picker mit der  alten frischmelken Unke aus der Grube zusammen. Diese ging im Gleitflug  herunter und fegte dabei einem etwas abseits stehenden Herrn so gewaltig  durchs Gesicht, daß dieser völlig erblindete. Dieser Fall kann für die  Direktion eine kostspielige Sache werden, da der Herr sofort Anzeige  beim Schwurgericht in Alchen erstattete. Auch das Jukolinchen wird in  diesem Prozeß in Mitleidenschaft gezogen, da es die 7 jungen Oenkelchen  im Tischlaken aufbewahrte, mit Leberwurst fütterte, wodurch eine  krepierte und die anderen Tag und Nacht Klimmzüge an der Nähmaschine  machten. Für mich ist es sehr erfreulich, daß die Grubenverwaltung 14  Doppelhöpper zur Verfügung stellt und jeder Zeuge in der Höppmaschine  nach Alchen befördert wird.
Da ich auch erscheinen muß, werde ich eifrigst bemüht sein, den  Pötzpicker auf der Höhe zu halten, die Füße tüchtig mit Lechtörnesaft  und den Oberkörper mit M.-Pulver einzureiben, so daß ich den Ritt zu  diesem Termin nach Alchen getrost unternehmen kann. Der Bestand in  Schirmen und Stacheldraht ist inzwischen fast ausgegangen und ersuche  ich höflichst um sofortige Ansendung von 6 Waggon Schirmen nebst  Stacheldraht und Essig.
Mit einem herzlichen "Glück auf!"
Ernst G. Verwalter der Abteilung Pötzpickerei und Pferdeköttelzucht. Alchen - Europa
Zurück zum Seiteninhalt