Die Kölner
Geschichten
Die geprellten Kölner
Das Büro der Wittener Walzenmühle in der neuen Königstraße in Klafeld
war zugleich das kaufmännische Büro der Ongelgrube. Eines Morgens wurde
Hollekuses Willem telefonisch dorthin gerufen. Er fand einen Bergmann
vom Müsener Stahlberg vor. Ihm war, da er sich immer verbessern wollte,
zum Schein gekündigt, aber zugleich eine Bewerbung bei der Ongelgrube
angeraten worden. Dort bekäme er 100 Mark mehr; auch würde ihm eine
Werkswohnung gebaut, in der er sich noch eine Kuh halten könne. Da der
Mann sämtliche Papiere bei sich hatte und erstklassige Zeugnisse
vorlegte, wurde er angenommen. Wo aber sollte er bis zur Fertigstellung
der Werkswohnung logieren? Die Direktion löste auch diese Frage. Sie
teilte ihm mit, daß sie in der Wirtschaft B in Buchen den 2. Stock
gemietet habe, wo er sich eine Stube aussuchen könne. Allerdings dürfe
er sich aus der wunderlichen alten Frau nichts machen und gab ihm
deshalb eine Bescheinigung mit. Wohlgemut setzte sich der Bergmann in
Marsch. Unterwegs begegnete er dem Architekten K. und fragte ihn nach
dem Weg nach Buchen, wo er eine gute Stellung in der Ongelgrube bekommen
hätte. K. sagte mit ernstem Gesicht: "Mah, da halt euch dra, dat es en
Lebensstellung" und verschwand dann schleunigst um die Ecke, um sich
auszulachen. In der Wirtschaft kam alles so, wie es vorauszusehen war.
Das Gespräch, das so vorsichtig und harmlos mit dem Heuwetter begonnen
hatte, endete mit Schimpfen und gegenseitigem Bezweifeln des Verstandes.
Der Hinweis auf dei Bescheinigung der "Direktion" steigerte den Zorn
der alten Frau nur noch mehr. Voll Verzweifelung lief sie schließlich zu
dem Vorsteher. Da dieser aber als Gewerke in die Zusammenhänge
eingeweiht war, machte er von seiner Amtsgewalt keinen Gebrauch, sondern
bat den Fremden ruhig, sich doch die Grube erst mal anzusehen. Da kam
wiederum alles so, wie es vorauszusehen war. Der Mann zog nach Müsen
zurück und begann am nächsten Tage seine Arbeit wieder auf dem
Stahlberg. Kurz darauf wurde auch der Bergmann Gustav L. aus B.
angenommen. Die Einzelheiten dieser Werbung sind zu köstlich, so das wir
sie festhalten wollen. In der Gastwirtschaft "Zur schönen Aussicht",
dem Stammlokal der Ongelgrube-Interessenten, beriet die direktion über
die Annahme eines neuen Vorarbeiters. Die Wahl war schwierig, da viele
Bergleute ihre Papiere eingereicht hatten. Gustav L. der am Nebentisch
saß, spitzte die Ohren und fragte schüchtern, ob die Stelle auch für ihn
in Frage käme. "Natürlich", war die Antwort, "du hast den Vorzug."
Sofort wurde telefonisch bei der Grube "Neue Hardt" angefragt, ob L. die
gesetzliche Kündigung einhalten müsse. Die Antwort lautete, die
Entlassung könne ausnahmsweise früher geschehen, da es sich um eine
Arbeitsübernahme an der berühmten Ongelgrube handele. Nun mußte sich L.
am nächsten Sonntagmorgen bei dem kaufmännischen direktor Dreude
vorzustellen. Dieser empfing ihn äußerst freundlich, begrüßte ihn mit
"Glück auf!", hieß ihn im Sofa Platz zu nehmen und ließ sich dann bei
Zigarren und einem Likör den Lebenslauf vortragen, den er in ein dickes
Protokollbuch eintrug. nachdem er alles für richtig befunden hatte, nahm
er feierlich mit Handschlag L. an. Erleichtert und frohen Herzens ging
dieser nun zu seiner Familie nach B. Vorher aber machte er erst einen
kleinen Umweg zur "Schönen Aussicht". Es drängte ihn dem Wirt eben
mitzuteilen, daß der Direktor ein so lieber und einfacher Mann sei und
das alles "geklappt habe". Nun hätte aber der Spaß beinah ein böses Ende
genommen. Bei den bekannten guten vertragsbedingungen wollte L. sein
Häuschen verkaufen und hatte auch bald einen Käufer gefunden.
Glücklicherweise erfuhr dies die Direktion früh genug. Sofort schickte
sie einen Gewerke zu L. er möge sich vor dem Verkauf doch erst einmal
die Grube ansehen. An demselben Nachmittag noch ging L. nach Buchen und
nun nahm der Spaß wieder das bekannte Ende.Einmal wurden drei Kölner Herren trotz ihrer rheinischen Pfiffigkeit gründlich hereingelegt. Sie kamen zufällig im "fürscht Moritz" mit St. Henner und Hollekuse Willem zusammen, hörten von dem guten Absatz der Ongelgrube und kauften sofort drei Kuren zu 450 Mark. 150 Mark zahlten sie gleich an und versprachen, den Rest durch die Bank zu überweisen. Als sie aber keine Antwort mehr bekamen, auch nicht auf verschiedene Einschreibebriefe, meldeten sie den Fall der polizei und es kam zur Gerichtsverhandlung am Schöffengericht. Hier erschien eine große Menge Zeugen, und der Zuhörerraum war in wenigen Minuten derart überfüllt, daß er geschlossen werden mußte. Eine solch lustige, immer wieder von Lachsalven unterbrochene Verhandlung hatte es am Gericht noch nie gegeben. Selbst Richter und Schöffenkonnten die notwendige strenge Amtshaltung nicht wahren. Schließlich erklärten die Ankläger, sie sähen ein, daß sie das Opfer eines derben Siegerländer Witzes geworden seien. Da sie als Kölner Sinn für Humor hätten, zögen sie die Anklage zurück, wenn sie ihr Geld wieder erhielten. Da dies geschehen konnte, gingen Ankläger und Angeklagte friedlich aus dem Gerichtssaal heraus und feierten den Scherz bei einem Glase Bier.